Die vier wichtigsten Methoden zur Berechnung des Unternehmenswerts für kleine und mittelgrosse Firmen sind die Multiple Methode, die Substanzwert Methode, die Ertragswert Methode und das DCF Verfahren. Hier erfahren Sie, was Sie zu jeder Methode wissen sollten. Einfach erklärt und mit Beispielen.

Die Multiplemethode

Zur Übersicht über unsere aktuellen Marktdaten zu den Bewertungsmultiples.

Bewertung = Basiskennzahl multipliziert mit dem Bewertungsmultiple

Die Multiplemethode (auch «Multiplikatormethode») ist ein häufig im Bereich Mergers & Accquisitions angewandtes Verfahren. Die Methode erlaubt eine schnelle Prüfung, ob eine Kaufpreisvorstellung bei Firmenverkäufen sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite realistisch und angemessen ist. 

Dabei wird auf die aktuell erzielten Preise von vergleichbaren, bereits verkauften Firmen zurückgegriffen. Man untersucht, für welches Vielfache («Multiple», «Multiplikator») diese Firmen verkauft wurden und wendet diesen Faktor auf die zu bewertende Firma an. Multiples können zum Beispiel Vielfache des Betriebsgewinns («EBIT-Multiple»), des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA-Multiple) oder des Umsatzes («Umsatz-Multiple») sein.

Die Methode eignet sich in erster Linie für bereits länger bestehende Unternehmen. Hier kann eine mehrjährige Gewinnentwicklung als Bewertungsgrundlage verwendet werden. Je besser die Erfahrungswerte, desto aussagekräftiger wird das Ergebnis. Es ist in jedem Fall empfehlenswert, die Multiplemethode zusätzlich zur Plausibilisierung eines Unternehmenswertes, der sich bei einer anderen Methode ergeben hat, heranzuziehen.

Der mit dem Multiple ermittelte indikative Wert des Unternehmens entspricht dem „enterprise value“. Dies ist der Wert des Eigenkapitals plus der Finanzschulden. Das bedeutet, dass für den Wert des Eigenkapitals die Finanzschulden von dem ermittelten Unternehmenswert abgezogen werden müssen.

Bewertung mit der EBIT Multiple Methode

Bei einer Bewertung des Unternehmens mit der EBIT-Multiple Methode wird der durchschnittliche Nettoertrag vor Zinsen und Steuern («EBIT», earnings before profit and taxes) der letzten Jahre mit dem EBIT Multiple multipliziert. Man betrachtet dabei den Gewinn vor Steuern und Zinsen, damit die Multiples auch für Firmen mit unterschiedlichen Steuersätzen und Fremdkapitalstrukturen vergleichbar bleiben. Für kleinere Unternehmen bis 20 Mio. Umsatz liegt die beobachtete Bandbreite für Multiples hauptsächlich im Bereich 4 – 10. Ein Multiplikator von 6 oder höher bedeutet eine hohe Attraktivität der Firma. Wo innerhalb der Bandbreite sich die Firma befindet, hängt neben den Zahlen von verschiedenen zahlreichen „soft factors“ ab. 

NIMBO verwendet EBITC Multiples zur Unternehmensbewertung

Hierbei wird der EBIT zuzüglich der gesamten Geschäftsführerkompensation (Bruttogehalt, Arbeitgeberanteile an Sozialversicherungen, Autospesen) als Grundlage genommen.

Bei kleineren Firmen kann der Geschäftsführer seinen Lohn in einem gewissen Rahmen selbst bestimmen. Der “EBITC” erlaubt einen Vergleich mit der Ertragskraft von anderen Firmen ohne Verzerrungen durch Löhne, die über oder unter dem Marktlohn liegen, Besonderheiten bei den Kapitalstrukturen und unterschiedlichen Steuersätzen. Bei der EBIT-Variante erfolgt auch eine Anpassung des Geschäftsführerlohns, NIMBO bevorzugt jedoch die EBITC-Variante, weil Sie aus empirischer Sicht, beobachtete Kaufangebote besser erklären kann als die EBIT-Variante.

Bewertung mit der EBITDA Multiple Methode

Beim EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation and amortization) sind im Vergleich zum EBIT die Abschreibungen und Amortisationen nicht berücksichtigt. Bei gleichem EBIT kann der EBITDA eines anlageintensiven Unternehmens deutlich höher sein als bei einem personalintensiven.

Bei anlageintensiven Unternehmen mit einem hohen Substanzwert ist es aus Käufersicht sinnvoll, mit EBITDA Multiples zu arbeiten, da die Höhe der Abschreibungen einen gewissen Spielraum zulässt, was das Ergebnis verzerren kann. Immer auch in die Betrachtung einbezogen werden sollte, in welcher Phase des Investitionszyklus sich das Unternehmen gerade befindet. Stehen Investitionen an?

Bewertung mit Umsatz Multiples

Aus Investorensicht ist vor allem der mögliche Gewinn eines Unternehmens interessant. Ist der derzeitige Gewinn jedoch nicht aussagekräftig, sehr klein oder sogar negativ, sollte eine andere Kennzahl, wie der Umsatz, betrachtet werden. Dies kann zum Beispiel Sinn machen, wenn der Käufer daran glaubt, mit seinen eigenen bestehenden, effizienteren Kostenstrukturen die Umsatzrendite zu verbessern. Der potentielle Käufer geht bei dieser Methode ein grösseres Risiko ein und muss daran glauben, dass das Unternehmen zukünftig Gewinne macht. 

Eine Umsatzmultiple Bewertung kann auch ergänzend oder zur Plausibilisierung von anderen Bewertungen herangezogen werden.

Umsatzmultiples sind deutlich kleiner als EBIT-Multiples. Die beobachtete Bandbreite liegt zumeist zwischen 0,2 und 2, je nach Branche, Profitabilität, Wachstumsaussichten und einigen anderen Faktoren. Für gering wachsende und wenig oder nicht profitable Firmen sind Umsatzmultiples zwischen 0.2-0.6 realistisch. Je nach Höhe des Umsatzes kann bereits eine Veränderung des Umsatzmultiples um den Faktor 0,1 grosse Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben.

Führt man eine Bewertung sowohl mit EBIT- als auch mit Umsatz-Multiples durch, und ergibt sich bei der Bewertung mit dem Umsatzmultiple ein höherer Wert als bei der Bewertung mit dem EBIT-Multiple, deutet dies auf eine kleinere Umsatzrendite als bei Vergleichsunternehmen hin.

Beispiel Multiplikator Methode

Unternehmensbewertung mit der Multiple Methode

Unternehmensbewertung mit der Multiple Methode

Beispielannahmen:

EBIT: 1.000.000 €

Branchentypisches Multiple: 4-7

Angenommenes Multiple (weil das Unternehmen besser als der Durchschnitt dasteht): 6

Bankdarlehen: 1.000.000 €

Höher als üblicher Lagerbestand: 500.000 €

Berechnung des Unternehmenswertes:

Schritt 1: Berechnung des Enterprise Value (EV)

Enterprise Value = EBIT × Multiple

EV = 1.000.000 € × 6 = 6.000.000 €

Schritt 2: Berechnung des Equity Value

Equity Value = Enterprise Value – Nettoverbindlichkeiten

Nettoverbindlichkeiten = Bankdarlehen – Überschüssiger Lagerbestand

Nettoverbindlichkeiten = 1.000.000 € – 500.000 € = 500.000 €

Equity Value = 6.000.000 € – 500.000 € = 5.500.000 €

Der Unternehmenswert (Enterprise Value) beträgt: 6.000.000 €

Der Eigenkapitalwert (Equity Value) beträgt: 5.500.000 €

Vor und Nachteile der Multiplikator Methode:

  • Geeignet für Unternehmen mit stabilem Gewinn
  • Einfachheit und Verständlichkeit
  • Bewertung orientiert sich am Markt
  • Fehlende Daten für vergleichbare Firmen
  • Keine Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen

Die Substanzwertmethode

Bewertung = Substanzwert des Unternehmens

Dies ist die einfachste Methode zur Ermittlung des Substanzwerts. 

Man addiert die Werte für das Anlage- und Umlaufvermögen zu Marktpreisen aus der Bilanz, korrigiert sie um die stillen Reserven und zieht die Steuern, Schulden und Verbindlichkeiten ab. 

Beim Substanzwert wird ein eher tiefer Unternehmenswert ausgewiesen. 

Im Fall, dass der Substanzwert nicht risikoadäquat verzinst wird oder das Unternehmen gar Verlust macht, so ist der finanzwirtschaftliche Unternehmenswert – ohne etwaige wertsteigernde Verbundeffekte mit einem möglichen Käufer – grundsätzlich gleich dem Liquidationswert.

Der Substanzwert hat im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Unternehmens vor allem einen Informationswert und liegt in der Regel unter der Bewertungsspanne der Multiplemethoden, da kein Goodwill und über der Minimumverzinsung liegendes Ertragspotential abgebildet ist.

Vor- und Nachteile dieser Methode

  • Einfache Anwendung und die gute Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses
  • Es wird das bewertet, was objektiv vorhanden ist, unabhängig von den Interessen des Verkäufers oder potenziellen Käufers.  
  • Geeignet für Unternehmen mit überwiegend materiellen Vermögenswerten wie Immobilien, Maschinen oder großen Anlagen besteht, profitieren von dieser Bewertungsmethode. Dazu gehören z. B. Bauunternehmen, Industrieunternehmen oder Immobiliengesellschaften.
  • Geeignet für Unternehmen, die liquidiert werden sollen
  • Nicht geeignet für Unternehmen in Branchen, in denen Innovation, geistiges Eigentum oder der Kundenstamm einen hohen Wert darstellen, (z.B. IT- oder Pharmaindustrie, aber auch Dienstleistungsunternehmen), da immaterielle Werte schwer erfasst werden können.
  • Nicht geeignet für Start-ups oder Unternehmen mit starkem zukünftigen Wachstumspotenzial (z. B. in neuen Märkten oder Branchen), da deren zukünftige Ertragskraft nicht erfasst wird.
  • Keine Berücksichtigung von Werttreibern wie z.B. Erfahrung der Mitarbeiter, Kunden- und Lieferantenbeziehungen, etc.
  • Zukünftiges Wachstum, Wettbewerbsvorteile oder Marktstellung werden nicht berücksichtigt.

Die Substanzwertmethode als Ergänzung, zum Beispiel in Kombination einem optimistischeren Verfahren, wie z.B. der Ertragswertmethode, (siehe Abschnitt über Mittelwertmethoden), anzuwenden, kann durchaus sinnvoll sein.

Sie beziffert den Zeitwert der vorhandenen Vermögensgegenstände des Unternehmens und zeigt die tatsächliche Höhe des Eigenkapitals. Dies ist von Bedeutung für eine Finanzierung.

Beispiel Substanzwertmethode

Unternehmensbewertung – Substanzwertmethode

Unternehmensbewertung – Substanzwertmethode

Beispielannahmen:

Wert des Anlage- und Umlaufvermögens (zu Marktpreisen): 1.000.000 €

Verbindlichkeiten/Schulden: 500.000 €

Rückstellungen: 100.000 €

Auflösung wirtschaftlich unnötiger Rückstellungen: 100.000 €

Berechnung des Substanzwertes:

Schritt 1: Anpassung der Rückstellungen

Wirtschaftlich unnötige Rückstellungen werden aufgelöst:

Effektive Rückstellungen = Rückstellungen – unnötige Rückstellungen

Effektive Rückstellungen = 100.000 € – 100.000 € = 0 €

Schritt 2: Substanzwert = Vermögen – Verbindlichkeiten – effektive Rückstellungen

Substanzwert = 1.000.000 € – 500.000 € – 0 €

Substanzwert = 500.000 €

Der Substanzwert des Unternehmens beträgt: 500.000 €

Bedeutung der Substanzwertmethode

Die Substanzwertmethode spielt heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Vorteile sind klar die einfache Anwendung und die gute Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses. Negativ ist die geringe Aussagekraft für viele Unternehmen, da immaterielle Werte und die zukünftige Entwicklung nicht berücksichtigt werden.

Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Bewertung = Ertrag geteilt durch Kapitalisierungszinssatz

Bei der Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode wird das Unternehmen als Investition betrachtet, die konstante Erträge abwirft. Diese konstanten Erträge werden nach der finanzmathematischen Formel eines ewigen jährlichen Einkommensstroms bewertet. Die durchschnittlichen, erwarteten, nachhaltigen Gewinne nach Steuern in den nächsten drei bis fünf Jahren werden durch einen risikoangepassten Zinssatz („Kapitalisierungszins“) geteilt. Der so ermittelte Wert ergibt den Wert des Eigenkapitals (sog. „Equity Value“).

Da die Ertragswertmethode auf Prognosen basiert, sollten die zugrundeliegenden Werte möglichst realistisch sein. Ebenso sollte das Resultat auf dessen Sensibilität für veränderte Annahmen (z.B. tieferer/höherer Ertrag und Zinssatz) überprüft werden. Es stellt sich dabei immer die Frage, inwieweit die bestehende Ertragskraft der bewerteten Firma bei einem Verkauf auf den Käufer übertragbar ist.

Maschinen oder Warenvorräte, die für den normalen Betrieb notwendig sind, sind in dieser Rechnung bereits inbegriffen, da diese Voraussetzung sind, um den nachhaltigen Ertrag zu erzielen, auf dem die Bewertung beruht.

Berechnung Kapitalisierungszins

Kapitalisierungszinssatz = Basiszinssatz plus Marktrisikoprämie  plus unternehmensspezifische Risikoprämie

Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich aus drei Faktoren zusammen.

 Dem Basiszinssatz, oder auch risikofreier Zinssatz genannt. Er ist in der Regel der Zinssatz von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 oder dreissig Jahren. Ende 2021 betrug der Basiszins in Deutschland gerundet 0,10%.

Der Marktrisikoprämie, die das unternehmerische Risiko in der betreffenden Branche und im betreffenden Land abbildet.

Der unternehmensspezifischen Risikoprämie, die die speziellen Geschäftsrisiken des Unternehmens bewertet.

Beispielsweise ist für die Bewertung eines Handwerksbetriebs ein Zinssatz von etwa 20 % aufgrund der oft höheren Abhängigkeit vom Eigentümer in der Regel realistisch. Dies wurde empirisch durch reale Kaufpreise belegt.

Faktoren zur Bestimmung des Risikozuschlags

Fungibilität: Das Unternehmen kann schnell, sicher und ohne hohe Kosten zu Geld gemacht werden. Dies ist bei nicht börsennotierten Unternehmen im Regelfall nicht gegeben.

Rolle des Firmeninhabers: Das Unternehmen ist sehr vom Firmeninhaber abhängig. Alle Entscheidungen und Kontakte sind auf ihn konzentriert.

Firmenstrategie: Es ist keine nachvollziehbare kurz-, mittel- und langfristige Strategie vorhanden.

Wettbewerb: Der Wettbewerbsdruck ist hoch, und als kleines Unternehmen mit einem geringen Marktanteil besteht ein erhöhtes Risiko eines Margendrucks oder sogar der Verdrängung vom Markt.

Kundenstruktur: Mit wenigen Kunden wird ein Grossteil des Umsatzes gemacht. Es gibt kaum Wechselhürden für die Kunden. Die Kunden sind mit dem Inhaber gealtert  und sind in absehbarer Zeit nicht mehr vorhanden.

Lieferantenstruktur: Es kann zu Lieferengpässen oder Verzögerungen bei der Produktion durch Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten kommen und es gibt keine Ausweichmöglichkeiten.

Management: Es ist unzureichend qualifiziert und/oder erfahren. Es besteht die Gefahr, dass es nach einem Inhaberwechsel die Firma verlässt.

Mitarbeiter: Das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter ist eher niedrig. Geeignete Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt nur schwer erhältlich, was sich negativ auf zukünftiges Wachstum auswirkt.  Es gibt eine Abhängigkeit von einigen Schlüsselpersonen, die nicht leicht zu ersetzen sind.

Einmalige Umsätze: Umsätze werden überwiegend mit nicht wiederkehrenden Kunden erzielt.

Beispiel vereinfachte Ertragswertmethode

Unternehmensbewertung – Vereinfachte Ertragswertmethode

Unternehmensbewertung – Vereinfachte Ertragswertmethode

Beispielannahmen:

Nachhaltiger Ertrag (Ø der bereinigten Gewinne der letzten 3 Jahre): 1.000.000 €

Angesetzter Basiszinssatz (risikofreier Zinssatz): 2%

Marktrisikoprämie (Marktprämie für die Branche): 8%

Unternehmerspezifische Risikoprämie (überdurchschnittliches Risiko durch Abhängigkeit vom Inhaber und der Firmengröße): 10%

Frage aus Käufersicht:

Wieviel Geld müsste der Käufer bei einer alternativen Investition mit gleichem Risiko einsetzen, um einen Ertrag von 1.000.000 € zu erzielen?

Berechnung des Kapitalisierungszinses:

Schritt 1: Kapitalisierungszins = Basiszinssatz + Marktrisikoprämie + unternehmerspezifische Risikoprämie

Kapitalisierungszins = 2% + 8% + 10%

Kapitalisierungszins = 20%

Berechnung des Unternehmenswertes (Ertragswert):

Ertragswert = Nachhaltiger Ertrag / Kapitalisierungszins

Ertragswert = 1.000.000 € / 0,20 = 5.000.000 €

Der Kapitalisierungszins beträgt: 20%

Der Unternehmenswert beträgt: 5.000.000 €

Vor- und Nachteile dieser Methode

  • Einfache Anwendung, leicht verständlich und umsetzbar
  • Zukunftsorientiert, fokussiert sich auf die zukünftigen Erträge und Gewinne des Unternehmens, was für Investoren wichtig ist, die zukünftige Renditen bewerten wollen.
  • Gängige Praxis im KMU-Bereich, da diese weniger komplexe Unternehmensstrukturen haben.
  • Akzeptiert von Finanzbehörden: Diese Methode wird zum Beispiel in Deutschland häufig von Steuerbehörden akzeptiert, wenn es um die Bewertung für steuerliche Zwecke geht.
  • Gut geeignet für Unternehmen in stabilen Märkten
  • Es wird eine einfache Annahme über den zukünftigen Ertrag getroffen, die Komplexität eines Unternehmens und dessen Marktumfeld nicht kann nicht immer vollständig abgebildet werden.
  • Risiken des Unternehmens oder mögliche Marktschwankungen werden vernachlässigt
  • Für Unternehmen mit stark schwankenden oder schnell wachsenden Erträgen ist diese Methode zu starr und ungenau.
  • Fehleinschätzungen bei den Ertragsprognosen und dem Abzinsungssatz können zu falschen Ergebnissen führen.

Bedeutung des Ertragswertverfahrens in Deutschland

In Deutschland ist das Ertragswertverfahren die am weitesten verbreitete Methode (IDW S 1). Es ist das bei der Unternehmensbewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer von Gesetzes wegen vorgegebene Bewertungsverfahren. Das Ertragswertverfahren wird von der Finanzverwaltung entsprechend angewendet und findet hohe Akzeptanz bei gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Für die Bewertung von kleineren und mittelgrossen Handwerksbetrieben hat die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk den AWH Standard entwickelt. Er basiert ebenfalls auf dem Ertragswertverfahren und ist entsprechend an die Besonderheiten dieser Unternehmen angepasst. Zur Bewertung nach dem AWH Standard gibt es bei der ZdH weitere Informationen.

Die Discounted Cashflow Verfahren (DCF) 

Diese Methode hat ihren Ursprung in der klassischen Investitionsrechnung. International ist dies die Bewertungsmethode mit dem höchsten Bekanntheitsgrad.

Theoretisch ergibt die DCF-Methode den präzisesten Unternehmenswert. Die Krux liegt jedoch in der Notwendigkeit, detaillierte zukünftige Erträge oder Cashflows und die entsprechenden risikobereinigten Zinssätze (Kalkulationszinssatz) zu projizieren, um sie auf ihren Gegenwartswert zu diskontieren.

Der Vorteil gegenüber der Ertragswertmethode ist die hohe Flexibilität, da nicht nur von einem einzigen «nachhaltigen Ertrag» ausgegangen werden muss, sondern man z.B. für die kommenden 5 Jahre jeweils separat den Verlauf der Ertragslage prognostizieren kann. Allerdings erhöht sich dadurch auch die Komplexität und der Erklärungsbedarf der Bewertung.

Das DCF Verfahren eignet sich eher für die Unternehmenswertermittlung grosser Unternehmen. Ausgangslage ist immer ein Businessplan für die kommenden 5-7 Jahre. Tendenziell ergeben sich mit dieser Methode eher höhere Unternehmenswerte.

Im Unterschied zur Ertragswertmethode, die zukünftige Erträge als Ansatzpunkt hat, werden hier die Einzahlungsüberschüsse, sogenannte Cash Flows betrachtet.

Man unterscheidet zwischen dem Brutto- bzw. Entityverfahren und dem Netto- bzw. Equityverfahren. In der Praxis findet mehrheitlich das Entityverfahren Anwendung, womit der Enterprise Value, d.h. der Unternehmenswert inklusive Finanzschulden ermittelt wird.

Hierbei wird der Free Cash Flow des Unternehmens, einschliesslich der Zinsen auf das Fremdkapital, mit dem gewogenen Kapitalkostensatz, der im Unternehmen gebundenen, finanziellen Mittel, auf den heutigen Tag abdiskontiert. Mit der Berechnung des Kapitalwerts soll dabei primär das operative Potenzial eines Unternehmens abgebildet werden.

Soweit möglich sollte ein ganzer Investitionszyklus betrachtet werden, da Investitionen in das Umlauf- und Anlagevermögen einen wesentlichen Einfluss auf die Geldflüsse haben.

Die Prognose der Zahlungsströme und die Wahl der Diskontierungsfaktoren sind Stellschrauben, mit denen Ergebnisse sich in die gewünschte Richtung bewegen lassen. Um Seriosität der Ergebnisse zu gewährleisten, ist eine Sensitivitätsanalyse, die den Einfluss von Veränderungen der Annahmen auf den Unternehmenswert aufzeigt, unerlässlich. 

Die Wahl zwischen der DCF-Methode und der Ertragswertmethode hat bei gleichen Prämissen im Prinzip keinen Einfluss auf das Bewertungsergebnis. Die Entscheidung für eine der Bewertungsmethoden sollte daher von dem Adressatenkreis und dem Zweck der Bewertung abhängig gemacht werden.

Beispiel Discounted Cash Flow (DCF) Methode

Freier Cashflow (FCF) für Prognose der nächsten 3 Jahre

Prognose Jahr 1 Prognose Jahr 2 Prognose Jahr 3
Freier Cashflow (FCF) 300,000 330,000 360,000

Berechnung der Diskontierten Cashflows und Terminalwert

Diskontierungszinssatz (r) = 10%

Terminalwachstumsrate (g) = 2%

DCF1 = FCF1 (1 + r)1 = 300,000 1.10 = 272,727

DCF2 = FCF2 (1 + r)2 = 330,000 (1.10)2 = 330,000 1.21 = 272,727

DCF3 = FCF3 (1 + r)3 = 360,000 (1.10)3 = 360,000 1.33 = 270,676

Berechnung des Terminalwerts (TV)

Der Terminalwert wird berechnet als:

TV = FCF3 × (1 + g) r – g = 360,000 × 1.02 0.10 – 0.02 = 4,590,000

Der Terminalwert wird dann ebenfalls abgezinst:

DCFTV = 4,590,000 (1 + r)3 = 4,590,000 1.33 = 3,451,128

Gesamter Unternehmenswert (Enterprise Value, EV)

EV = Summe DCF + DCFTV = 272,727 + 272,727 + 270,676 + 3,451,128 = 4,267,258

Berechnung des Eigenkapitalwerts (Equity Value)

Der Eigenkapitalwert wird berechnet, indem man die Nettoverschuldung vom Unternehmenswert abzieht:

Eigenkapitalwert = EV – Schulden + Kassenbestand

Angenommen, das Unternehmen hat 500,000 an Schulden und 200,000 in der Kasse:

Eigenkapitalwert = 4,267,258 – 500,000 + 200,000 = 3,967,258

Der Eigenkapitalwert beträgt somit 3,967,258.

Vor- und Nachteile dieser Methode

  • Sind die Annahmen realistisch, bietet die DCF-Methode eine relativ objektive und fundierte Unternehmensbewertung.
  • Die Berücksichtigung zukünftiger Ertragsströme ist besonders bei wachstumsstarken Unternehmen sinnvoll.
  • Ausgerichtet auf langfristige (Zukunfts-) Entwicklungen
  • Die Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer von Unternehmen ist kaum realistisch.
  • Bewertung basiert auf Annahmen und nicht auf Fakten und ist damit unsicher.
  • Die Berechnung ist kompliziert und erfordert viele Annahmen; kleine Änderungen bei den Annahmen (z.B. Wachstumsraten, Diskontierungssätze) können zu signifikanten Unterschieden im Ergebnis führen.
  • Nicht geeignet für Unternehmen mit schwankendem Cash Flow

Verschiedene Mittelwertmethoden / Mischverfahren

Durch die Schätzung der Werte ist die Ertragswertmethode mit Unsicherheiten verbunden. Die Kombinationsverfahren beziehen zusätzlich die Unternehmenssubstanz in ihre Bewertung mit ein.

Die Idee hinter den Mittelwertmethoden ist, sowohl die Vergangenheit als auch zukünftige Erwartungen und Risiken mit einzubeziehen. Dies führt zu einer hohen Akzeptanz, auch und gerade bei Unternehmen im KMU Bereich. Handels- und Handwerksunternehmen und Firmen aus dem produzierenden Gewerbe nutzen sie bei geplanten Transaktionen, aber auch bei familieninternen Nachfolgeregelungen findet sie häufig Anwendung.

Das Ergebnis basiert auf dem gewichteten Durchschnitt von Substanz- und Ertragswert. Gewichtet heisst in der Regel, dass zum Substanzwert der doppelte Ertragswert addiert wird. Das Ergebnis geteilt durch drei und vermehrt um das nicht betriebsnotwendige Vermögen ergibt den Unternehmenswert. Es kommen aber auch alternative Verfahren zum Einsatz, bei denen die Anteile aus Substanz und Ertrag am Gesamtwert unterschiedlich gewichtet werden.

Das Mittelwert Verfahren oder Berliner Verfahren

Beim Mittelwert- oder Berliner Verfahren wird das arithmetische Mittel aus Ertrags- und Substanzwert gebildet. Es basiert auf der Idee, das substanzschwache Unternehmen mit hohen Erträgen typischerweise hohem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind, der in Zukunft absehbar diese Erträge reduziert. 

Bewertung = (Ertragswert + Substanzwert) / 2

Das Wiener Verfahren

Beim Wiener Verfahren wird ebenfalls das arithmetische Mittel aus Ertrags- und Substanzwert (Vermögenswert) berechnet. Allerdings unterscheidet sich die Berechnung dieser beiden Werte z.B. vom Berliner Verfahren. 

Die Pauschalierung der am schwersten zu bestimmenden Faktoren macht das Wiener Verfahren zu einem vereinfachten Verfahren. Der Kapitalisierungszinsfuss ist auf neun Prozent festgelegt. Die unsichere Prognose der zukünftigen Erträge wird umgangen, indem man den Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre nimmt. Das Wiener Verfahren wird oftmals als alternatives Verfahren herangezogen, wenn sich die Parteien nicht auf andere Bewertungsmethoden einigen konnten.

Bewertung = (Ertragswert + Substanzwert) / 2

Die Übergewinn Methode

Die Übergewinnmethode ist ein weiteres Mittelwertverfahren und basiert auf der Annahme, dass der Gewinn auf lange Sicht nur einer angemessenen Substanzwertverzinsung entspricht.

Als Folge der Überlegung, dass sich höhere Gewinnmargen mit der Zeit zurückbilden, werden Übergewinne, die die Normalverzinsung übersteigen, mit einem höheren Zinssatz kapitalisiert. Faktoren, die für einen Rückgang der Gewinne verantwortlich sein können, sind beispielsweise schlechtere Konjunktur, verstärkte Konkurrenzsituation, o.ä..

Für die Wertermittlung müssen zwei Dinge festgelegt werden:

  1. Höhe des Zinssatzes, mit dem sich der Substanzwert nachhaltig verzinst („Normalzins“).
  2. Anzahl der Jahre, für die der Übergewinn gelten soll, der zum Substanzwert hinzugerechnet wird.

Die Verzinsung des im Unternehmen gebundenen Substanzwertes zu Wiederbeschaffungspreisen zum Normalzins wird vom effektiven Gewinn abgezogen. Dieser über die Normalverzinsung hinausgehende „Übergewinn“ wird über eine bestimmte Anzahl von Jahren dem Substanzwert zugerechnet.  In der Regel wird ein Zeitraum von 3-8 Jahren verwendet.

Bewertung

= Substanzwert + Barwert der Übergewinne

= Substanzwert + Anzahl Jahre mit Übergewinn x (Gewinn – (Normalzins x Substanzwert)) 

Zahlenbeispiel: 1.000.000 + 3 x (200.000 – (10% x 1.000.000)) = 1.300.000

Bedeutung der Übergewinnmethode: In der Unternehmensbewertungspraxis spielt sie keine Rolle.

Die Schweizer Methode oder die Praktiker Methode

Die Praktikermethode ist leicht verständlich und gut nachvollziehbar und gilt oft als erster Orientierungspunkt sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite. 

Bei erfolgreichen Unternehmen führt die Praktikermethode zu sehr konservativen, niedrigen Werten für das Unternehmen. 

Auch die Steuerverwaltung der Schweiz benutzt diese Bewertungsmethode. Sie rechnet dabei mit einem Kapitalisierungszins von 9,5%. 

Bewertung = 2/3 x Ertragswert + 1/3 Substanzwert

Das Stuttgarter Verfahren

Beim Stuttgarter Verfahren ergibt sich der Wert eines Unternehmens aus der Summe von Substanzwert und Ertragswert. Dieses Verfahren wurde in erster Linie zur Ermittlung des Unternehmenswerts von nicht börsennotierten Unternehmen im Erbfall oder bei Schenkungen angewandt. Da dieses Verfahren nicht mehr zeitgemäss ist, wurde es 2009 abgeschafft.

Sonderfälle


Sonderfall: Ertragsschwach mit viel Substanz

Den Sonderfall ertragsschwache bzw. unrentable Unternehmen mit hohem Substanzwert, die die Substanz nicht angemessen verzinsen, behandelt die Methode Schnettler. Es ist mein Mischverfahren aus Substanzwert und Ertragswert.

Durch die Abschreibungen auf den hohen Sachanlagenbestand entstehen dabei buchhalterische Verluste. Ein Käufer würde das Sachanlagevermögen zu reduzierten Wiederbeschaffungskosten bilanzieren, wodurch sich die Abschreibungen reduzieren und sich entsprechend der Ertragswert erhöht.

Häufige Fragen

Welches ist die beste Methode zur Unternehmensbewertung?

Je nach Bewertungsanlass und Phase, in der das Unternehmen sich befindet, kann die eine oder andere Methode sinnvoller sein. Wir empfehlen, mehrere Methoden durchzuspielen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, innerhalb welcher Bandbreite sich der Wert bewegt. Nimbo arbeitet mit der Multiplemethode.

Wie funktioniert die Multiple Methode?

Für diese Methode benötigt man kürzlich erzielte Preise von vergleichbaren Firmen als Berechnungsgrundlage. Man untersucht, für welches Vielfache («Multiple», «Multiplikator») diese Firmen verkauft wurden und wendet diesen Faktor auf die zu bewertende Firma an. Multiples können zum Beispiel Vielfache des Betriebsgewinns («EBIT-Multiple»), des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA-Multiple) oder des Umsatzes («Umsatz-Multiple») sein.

Mit welcher Methode wird ein Start-up bewertet?

Bei einem Start-up, das noch keinen Gewinn erzielt und stark wächst, bewertet man ein Versprechen für die Zukunft. Die DCF Methode kann auf Businesspläne von Start-ups angewendet werden. Der verwendete Diskontsatz wird dafür von der erwarteten Rendite der Investoren abgeleitet.

Für wen ist die Multiple Methode (Multiplikator Verfahren) geeignet?

Diese Methode eignet sich in erster Linie für bereits länger bestehende, profitable Unternehmen. Hier kann eine mehrjährige Gewinnentwicklung als Bewertungsgrundlage verwendet werden. Je stabiler die Erfahrungswerte, desto aussagekräftiger wird das Ergebnis. Für Unternehmen, die Verluste machen oder sich in einer starken Wachstumsphase befinden, ist die diese Methode nicht geeignet.

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